Hypnobirthing aus Hebammenhand
Harmonisch und selbstbestimmt gebären


Die Geburt von J. kündigte sich schon Mittwoch Nacht an, in der ich sechs Stunden lang kräftige Wellen hatte. Ich war ganz euphorisch, denn für den Montag drauf war die Einleitung geplant, weil J.'s eine gestaute Niere die Lunge mittlerweile leicht nach oben schob. Die Nacht verbrachte ich also mit unseren Übungen, z.T. auch in der Badewanne und ohne meine Männer zu wecken. Ich war die ganze Zeit ganz ruhig und immer sicher, dass es noch nicht Zeit war, ins Krankenhaus zu fahren. Morgens wurden die Wellen dann schwächer und hörten schließlich ganz auf. Ein bisschen enttäuscht war ich schon, aber ich war sicher, dass die Wellen schon etwas gebracht hatten.
Am Donnerstag hatte ich sowieso einen Termin bei der Frauenärztin, die ganz schockiert war, dass ich nicht sofort ins Krankenhaus gefahren war, aber das hat mich irgendwie gar nicht gestört. Tatsächlich war der Muttermund ein wenig auf und alles sehr weich.
Freitag und Samstag war dann totale Ruhe und ich ein wenig ungeduldig. Ich trank Geburtstee mit Eisenkraut und nahm von meiner Hebamme verordnete Globuli zur Einleitung.
Sonntagmorgen ging dann, ohne Wellen, meine Fruchtblase auf. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich nicht einfach inkontinent war, weil J. so stark auf meine Blase drückte und die Ärzte mir seit Tagen gesagt hatten, dass sehr wenig Fruchtwasser da sei. Als es aber nicht aufhörte zu fließen, beschlossen wir, in den Kreißsaal zu fahren, weil J. ja wegen seiner Nierenproblematik auf alle Fälle im Krankenhaus geboren werden musste. Nach einigem Untersuchen (mit einmal Tasten, und ohne dass mir ein intravenöser Zugang gelegt wurde) beschloss der junge Arzt, dass ich mich hinlegen sollte, weil J.'s Kopf nicht hundertprozentig fest im Becken lag. Zum Glück hatte ich sowieso Lust, mich hinzulegen (gehen unter der Geburt fand ich bisher immer schrecklich). Außerdem wurde beschlossen, dass um 21 Uhr die Einleitung beginnen würde (die Ärzte wussten, dass ich keine Einleitung wollte, andererseits trauten sie sich auch nicht, länger zu warten).
In meinem Zimmer angekommen, Mann und Sohn gut heimgeschickt, rief ich erstmal meine Doula an. Sie erinnerte mich, dass wir ja genau für den Fall, dass die Geburt nicht losging z.B. die Ballonfahrt-Übung hatten und riet, ich solle mich einfach mit allen Übungen die ich mochte entspannen. Die Krankenhausatmosphäre hatte mich ehrlich gesagt ein bisschen aus der Bahn geworfen, so dass Entspannung auf jeden Fall eine gute Idee war. Ich "versenkte" mich also mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln und siehe da, nach einer Stunde (es war mittlerweile halb vier nachmittags) begannen sanfte Wellen.
Um fünf Uhr waren die Wellen so stark, dass ich in den Kreißsaal wollte, v.a. um meine Ruhe zu haben (in meinem Zimmer lag noch eine andere Schwangere...). Mein Mann und die Doula kamen fast gleichzeitig an und halfen mir, den Kreißsaal mit Duftlampe, Hypnobirthing-Musik, Kissen etc. ein bisschen "wohnlich" zu machen. Dann machte mein Mann mit mir eine Vertiefungsübung und die Ballonfahrt, bevor ich alle "rauswarf", weil ich einen Einlauf wollte. Danach ging es dann richtig los.
Ich hatte Wellen in (glaube ich) relativ kurzen Abständen und konnte fühlen, wie der Muttermund aufging. Irgendwann hatte ich Lust, in die Badewanne zu gehen, v.a. um besser mit dem Becken kreisen zu können. Den Wellen konnte ich mit der langsamen Atmung ganz gut begegnen und hatte auch nie Angst, dass ich irgendetwas nicht schaffen könnte. Die Hebamme ließ mir die große Wanne ein, musste aber dann nochmal den Muttermund tasten, weil die Ärzte nicht so gerne wollten, dass ich in der Badewanne entbinde (sie dachten, dass J. nach der Geburt evtl. sofort Probleme haben könnte und wollten kein Risiko eingehen. Das war aber ok für uns.) Der Muttermund war dann schon bei 7cm und ich konnte mir eigentlich gar nicht mehr vorstellen, den Gang zur Badewann zu schaffen. So habe ich also unter der Geburt die Wanne nicht benutzt.
Ich zog dann ins Kreißbett um, weil die Geburtswellen schon anfingen. Die Hebamme riet mir zur Seitenlage, weil ich den Vierfüßler nicht mehr hilfreich fand. Nach ca. 10 Minuten Geburtsatmung und schieben (ohne Luftanhalten, aber doch mehr Pressen, als ich gedacht hatte), war J. da. (Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch immer keinen intravenösen Zugang -Wahnsinn für ein Krankenhaus, keine Schmerzmittel gebraucht und mein Wunsch, auf Oxytocin zu verzichten wurde respektiert.)
Das Gefühl, J. "einfach so" geboren zu haben war überwältigend. Ich war bis zum nächsten Abend (also mehr als 24 Stunden) so von Endorphinen aufgeputscht, dass ich keine Minute schlafen konnte, aber überhaupt nicht erschöpft war. Es gibt ein Foto von mir, ein paar Minuten nach der Nachgeburt, auf dem man richtig sieht, wie glücklich und fit ich war.
Der anwesende Arzt hielt  sich übrigens auch beim Auspulsieren der Nabelschnur genau an unsere Wünsche (trotz der Anwesenheit der nervösen Kinderärzte), bestand darauf, dass J. erstmal zu mir auf den Arm kam und erlaubte seine Untersuchung erst, nachdem bei mir die Wellen zur Geburt der Plazenta einsetzten. Diese Wellen überraschten mich ehrlich gesagt ein bisschen, weil sie nochmal sehr stark waren und die Plazenta erst nach etwas über einer Stunde kam. Erst nach einer Stunde legte mir der Arzt einen Zugang (ich glaube, einfach der Form halber) und verabreichte doch noch Oxytocin. Das wäre aber gar nicht mehr nötig gewesen, denn eine Welle später war die Plazenta da. Ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, dass der Arzt und die Hebamme auf alle Fälle unseren Wünschen nachkommen wollten und dann einfach ein wenig nervös wurden, weil eben nicht oft so lange auf die Nachgeburt gewartet wird.
Nachdem die letzten Wellen überstanden waren, konnte ich J. endlich auf den Arm nehmen (mein Mann war ehrlich gesagt ganz glücklich, dass er ihn so lange haben konnte) und wir durften noch fast zwei Stunden kuscheln, bevor er zu Nierenultraschall etc. auf die Kinderintensiv musste.
Ich bin total froh, dass ich so natürlich geboren habe, denn ohne die vielen Glückshormone hätte ich die Trennung von J. nicht so leicht weggesteckt, er liegt jetzt, 9 Tage nach der Geburt ja immer noch zur Überwachung auf Intensiv.
J. kam mir außerdem sehr viel wacher und fitter als sein Bruder vor, der unter PDA geboren wurde.
Ich glaube, es stimmt tatsächlich, dass man als Hypnobirthing-Paar (mit Doula) sehr viel Ruhe ausstrahlt und die Ärzte und Hebammen deshalb selbst entspannter sind. Außerdem war es gut, unsere Geburtwünsche schriftlich zu fixieren und immer wieder im Vorfeld mit Ärzten und Hebammen darüber zu sprechen.
Auch wenn J.'s Geburt alles in allem nicht schmerzfrei war, so hatte ich (außer in der kurzen Phase, als der Muttermund schon ganz weit offen war, aber die Geburtswellen noch nicht angefangen hatten) doch nie den Eindruck, an meine Grenzen zu kommen oder nicht mehr zu können.
Das ist jetzt sehr lang geworden und trotzdem fehlt noch so viel.
Ich schicke dir jedenfalls liebe Grüße und hoffe, du merkst beim Lesen, wie gut uns der Kurs getan hat!
A.